Für Anna Katharina scheint nur die Sonne

Sahara-Atmosphäre in Hamburg - 24 Stunden vor dem IDEE 146. Deutschen Derby fühlte man sich am vorletzten Tag der Derby-Woche fast wie in der Wüste. Doch 4.900 Besucher sahen trotz der Mega-Hitze hochkarätige Stuten. Allen voran die im Besitz des Köln-Heumarer Gestüts Röttgen stehende Dreijährige Anna Katharina. Im Almased-Cup (Gruppe III, 55.000 Euro, 2.200 m) imponierte die von Andreas Helfenbein für Champion-Trainer Markus Klug gerittene Tochter des früheren Derby Italiano-Helden Kallisto sehr.

Start-Ziel ließ sich die 38:10-Mitfavoritin nach optimaler Einteilung nicht von der Spitze verdrängen und verwies Amona sowie Turfdonna auf die Plätze. 32.000 Euro Siegbörse waren der Lohn dafür. Die Favoritin Full Of Beauty kam über Rang sechs nicht hinaus, war jedoch wie mehrere Kandidatinnen in eine Rangelei zu Beginn der Zielgeraden verwickelt.

Anna Katharina wertete damit die Form des Derby-Starters Nordic Flight weiter auf, der zuvor in Baden-Baden knapp vor ihr eingekommen war. „Das war schon eine sehr starke Form von ihr. Sie sollte gleich in Front gehen, wenn das kein anderer tun würde. Nun ist natürlich der Preis der Diana unser Ziel“, berichtete Trainer Markus Klug. Und Jockey Andreas Helfenbein sagte: „Anna Katharina ist eine Stute der ersten Liga“, und er lobte die für das Geläuf Verantwortlichen in Hamburg: „Der Boden ist super, mein Kompliment.“

Im Stuten-Derby wird Anna Katharina wieder auf Amona treffen, die auch in der Niederlage nicht enttäuschte. Auch Turfdonna und Shivaja als Dritte bzw. Vierte hielten sich vorzüglich. Aber das waren nicht die einzigen Klassestuten an diesem Sommer-Tag.

„Bloß noch nicht verkaufen“, diese Devise hatte Trainer-Altmeister Hans-Jürgen Gröschel (Hannover) Besitzerin Sabine Goldberg auf den Weg gegeben, nachdem ihre Stute Techno Queen zuletzt in Baden-Baden ihr drittes Rennen hintereinander gewonnen und sich ein 25.000er geschnappt hatte. „Techno Queen ist ein Pferd, das auch in Grupperennen vorne sein kann.“ Und Gröschels Empfehlung war gut, denn im Esso Cup (Listenrennen, 25.000 Euro, 2.200 m) steigerte die Tochter des welt-Champions Manduro ihren Marktwert weiter.

Mit mächtigem Speedwirbel tanzte Techno Queen als 33:10-Favoritin im zweiten Tages-Highlight die Konkurrentinnen aus. Dabei galoppierte sie zu Beginn Längen hinter dem Feld, doch ihre Aufholjagd war frappierend. Jockey Norman Richter (Köln) vertraute ganz auf den Speed. Und tatsächlich bekam Techno Queen noch Early Morning und North Mum in den Griff.

„Das ist der Hammer, eine Wahnsinns-Stute“, war die Eignerin Sabine Goldberg begeistert. „Norman liebt sie und kennt sie, das war so stark.“ Bald dürfte man Techno Queen in Gruppe-Rennen in Deutschland oder in anderen Ländern sehen.

Einen Tag vor dem IDEE 146. Deutschen Derby trumpfte bereits ein Derbysieger in Horn auf – Liebesbrief, der letztjährige Derbygewinner in Österreich. Für den Schlafmöbel-Unternehmer Hans-Gerd Wernicke und den Münchener Trainer Wolfgang Figge schnappte sich der Hengst als 24:10-Favorit den Hanshin-Cup (Ausgleich I, 22.500 Euro, 2.200 m). Wie schon vor einem Jahr mit Pain Perdu hatte damit dasselbe Team wie 2014 diese von vielen japanischen Gästen, zu denen auch die frischgekürte Kirschblüten-Königin gehörte, gewonnen. Sicher behauptete sich Liebesbrief gegen die beiden von Champion Markus Klug aufgebotenen Stuten Betty Lou und Nelke. Siegreiter Andrasch Starke strahlte übers ganze Gesicht – es war sein zehnter Treffer in der Derby-Woche 2015.

Doch damit wollte es der sechsfache Derby-Siegreiter nicht bewenden lassen – in einem 1.400 Meter-Ausgleich III führte er die bisher auf Platzierungen abonnierte Fiorella als 29:10-Favoritin zu einem knappen Erfolg und schaffte seinen elften Sieg beim Meeting. Ihr Betreuer Ferdinand Leve aus Warendorf ist im Hauptberuf Architekt und beschäftigt sich aktuell mit den Plänen für eine Doppelrennbahn in Horn.

In den mit einer Million Dollar dotierten Belmont Oaks in New York startet am Samstagabend die von Wolfgang Figges Sohn Michael in München trainierte Top-Stute Olorda. Daher konnte er den Treffer der Dreijährigen Madrugada (56:10) unter Francisco Da Silva in einer 1.200 Meter-Prüfung nicht miterleben, die sich auf der Zielgeraden mit viel Energie von der Konkurrenz freimachte.

Im Amazonenreiten (Ausgleich III, 1.800 m) bewies die Holländerin Jadey Pietrasiewicz ihre große Klasse im Rennsattel, als sie den von Autohändler Lucien van der Meulen trainierten Calon Lad (80:10) mit starker Endgeschwindigkeit zu einem knappen Erfolg über Bavarian Beauty (mit der indischen Amazone Rupa Narpat Singh) führte.  Mehrere Monate hatte die Siegreiterin in Australien verbracht. „Ich habe nicht im Rennen, aber im Training geritten. Dort konnte ich viel lernen. Es war eine tolle Zeit und auch noch eine Rundreise gemacht“, versicherte Pietrasiewicz.

Der in Niegripp bei Magdeburg beheimatete Trainer Frank Fuhrmann setzte seine große Form fort – denn mit Novacovic (45:10, Eugen Frank) und Saola (199:10, Maxime Pecheur) gewann er bereits sein drittes und viertes Rennen bei der Derby-Woche. Kurios: Saola war zuvor bei 36 Starts nicht ein einziges Mal erfolgreich gewesen, nun platzte der Knoten endlich. „Das war aber auch eine Überraschung für mich“, gab Fuhrmann offen zu.

Der früher in Diensten des Fußball-Bundesligisten Bayern München stehende Markus Münch stehende Markus Münch hat auch als Besitzer und Trainer von Galoppern Erfolg. In der Zweijährigen-Prüfung war seine Stute Whole Lotta Love (69:10) unter dem Belgier Stephen Hellyn  an der Spitze auch durch drei starke Angreiferinnen nicht zu gefährden. „Ich konnte sie fahren wie ein Auto“, ließ der Siegreiter durchblicken.

10.978 Euro betrug die Quote im ersten Rennen mit der Viererwette, einem 2.800 Meter-Ausgleich IV, in dem der immerhin schon siebenjährige Wallach Bugler’s Dream (31:10) als Sieger vor Quezon, Avio und Special Mix für einen kompletten Erfolg der Familie Weißmeier sorgte. Denn Trainerin ist Regine Weißmeier, und ihre Tochter Esther Ruth zeichnete sich als Reiterin aus.

399.590,95 Euro flossen in den elf Prüfungen durch den Hamburger Totalisator. „Für das Wetter war das hervorragend. Der Umsatz ist nicht mit dem Vorjahr vergleichbar, da 2014 der Renntag abgebrochen wurde. Nach sechs Renntagen haben wir damit bereits die Zwei-Millionen-Euro-Grenze geknackt“, erklärte HRC-Vizepräsident Hans-Ludolf Matthiessen. Nun freuen sich alle Galopp-Fans auf das IDEE 146. Deutsche Derby am Sonntag.