Isfahan triumphiert im Derby-Thriller

Isfahan triumphiert im Derby-Thriller

Ein Derby, wie es spannender nicht sein konnte, begeisterte die 18.000 Zuschauer am Sonntag auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn. Erst das Zielfoto brachte im IDEE 147. Deutschen Derby (Gruppe I, 650.000 Euro, 2.400 m, 4. Lauf der German Racing Champions League) die Entscheidung: Nach einem dramatischen Endkampf heißt der Triumphator im bedeutendsten deutschen Galopprennen der Saison 2016 Isfahan. Der von Andreas Wöhler in Spexard bei Gütersloh trainierte dreijährige Hengst hatte zur Quote von 168:10 unter dem italienischen Jockey Dario Vargiu nach einer packenden Energieleistung einen Kopf Vorsprung auf den von einem der letzten Plätze kommenden Savoir Vivre (Frederik Tylicki), hinter dem auch der Drittplatzierte Dschingis Secret (Martin Seidl) nur einen weiteren Hals zurück folgte.

Nach langer und teilweise deutlicher Führung von El Loco entwickelte sich auf der Zielgeraden ein sensationeller Fight zwischen Isfahan in der Bahnmitte, dem außen heranfliegenden Dschingis Secret, dem innen prominenten Wai Key Star und dem erst sehr spät ansetzenden Savoir Vivre. Isfahan schien schon von Savoir Vivre noch abgefangen zu werden, doch auf der Ziellinie hatte der Lord of England-Sohn wieder den Kopf vorne.

Viele hatten Isfahan nach dem fünften Rang im Derby Italiano schon abgeschrieben, obwohl er mit dem Preis des Winterfavoriten 2015 und dem Bavarian Classic im Frühjahr in München schon zwei Gruppesiege auf seinem Konto hatte. Nun ist der Hengst, der früher Inuit hieß und von Oschmann umbenannt worden war, Deutscher Derby-Sieger. 390.000 Euro betrug sein Preisgeld, damit katapultierte Isfahan seine Gewinnsumme nach dem dritten Sieg beim sechsten Karrierestart auf 507.300 Euro!

Besitzer des aktuellen Derby-Siegers ist Dr. Stefan Oschmann aus München – der gebürtige Würzburger ist CEO der Firma Merck und seit vielen Jahren ein sehr erfolgreicher Pferdebesitzer. Als Manager zeichnet Holger Faust verantwortlich, der in einem ersten Statement sagte: „Nach dem fünften Platz im Derby in Rom hatten wir schon unsere Zweifel, aber diese Form lag nur am zu trockenen Boden. Wir haben ihm danach Zeit gegeben. Die Verpflichtung von Jockey Dario Vargiu hat sich voll ausgezahlt. Wir sind überglücklich.“

Maßgeblichen Anteil am Derby-Sieg von Isfahan hat Trainer Andreas Wöhler, der sein viertes Derby nach Pik König 1992, Belenus 1999 und Waldpark 2011 gewann. „Er ist das Lieblingspferd meiner Frau. Isfahan stammt aus unserer Zucht, daher bedeutet mit dieser Erfolg sehr viel. Wir haben ihn als Jährling bei der Auktion in Baden-Baden verkauft (Anm. d. Red.: für 35.000 Euro), und ich bin so froh, dass er nach der Versteigerung zu mir in den Stall zurückgekehrt ist. Sonst hätte es einen Ehekrach gegeben. Heute hing natürlich vieles vom Boden ab. Wir wussten auch nicht, wie er damit zurechtkommen würde. In Italien war das Geläuf viel zu trocken. Er hatte mir in den vergangenen beiden Wochen im Training wieder so richtig gefallen und kam offenbar sehr gut mit dem Untergrund zurecht. Nun genießen wir erst einmal diesen Erfolg, bevor wir weitersehen.“

Auch der so knapp unterlegene Savoir Vivre beeindruckte mit seinem Speed, und auch der Drittplatzierte Dschingis Secret folgte nur einen weiteren Hals zurück vor Wai Key Star, einem weiteren Wöhler-Starter. Der Favorit Boscaccio (Dennis Schiergen) tat sich früh schwer und wurde nur Achter. „Der Boden war nichts für ihn“, kommentierte sein Jockey. Die stärker gewetteten El Loco (nach langer Führung Elfter), Larry (15.) und der für 65.000 Euro nachgenannte Ire Landofhopeandglory (18. Und damit Vorletzter) hatten am Ende keine Chance mehr.

Auch das Rahmenprogramm – insgesamt gab es zwölf Rennen zum Finale der Derby-Woche – an einem sonnigen Abschlusstag hatte es in sich.

Das nennt man eine galante Geste: „Ich gebe den Ehrenpreis an Dr. Andreas Jacobs weiter, den Besitzer der Zweitplatzierten“, sagte Dr. Günter Paul, der Vorsitzende der Mehl-Mülhens-Stiftung und damit verantwortlich für die Geschicke des Gestüts Röttgen. Denn die Zuchtstätte aus Köln-Rath-Heumar war nicht nur Sponsor des Preis vom Gestüt Röttgen (Listenrennen, 25.000 Euro, 2.200 m), sondern auch Besitzer der imponierenden Siegerin Weltmacht.

Die 23:10-Favoritin bestimmte Start-Ziel unter Adrie de Vries den Richterspruch in diesem Top-Rennen und war mit achteinhalb Längen Vorsprung eine Klasse für sich. Die fünfjährige Stute war die beste Klasse im sechsjährigen Aufgebot. „Das war wunderbar, der Jockey hat genau die richtige Taktik gewählt, die auf diesem Boden angebracht war, und Weltmacht siegte unangefochten“, fügte Dr. Paul noch an. Mit Strawberry Martini eroberte Star-Jockey Ryan Moore noch den Ehrenplatz und komplettierte einen Doppelerfolg für Deckhengst Mount Nelson. Meliora schien lange Zweite zu werden, hielt sich in dieser Gesellschaft wahrlich gut.

Unmittelbar vor dem Derby gelang dem Münchener Trainer Michael Figge ein bemerkenswerter Erfolg – mit dem dreijährigen Hengst Leomar (26:10-Favorit), der unter Robert Havlin im Hapag-Lloyd-Rennen (52.000 Euro-Auktionsrennen, 2.200 m) Start-Ziel gegen den heranfliegenden Draconis, Laurette und Erica immer wieder beschleunigen konnte (die Viererwette bezahlte 6.602:10 Euro). „Er hat sich immer weiter verbessert. Was für ein toller Kampf von der Spitze aus“, kommentierte Figge.

Voll auf ihre Kosten kamen am Derby-Tag die Wetter. Im ersten Viererwett-Rennen (10.000 Euro-Ausgleich III, 1.800 m) gab es durch den von Axel Kleinkorres in Neuss trainierten American Day (33:10) einen Favoritenerfolg. Jockey Ian Ferguson brachte den nun vierfachen Saisonsieger mit einer Nase an See Dex vorbei. Die Viererwette mit Mastoso und Mandelsamen auf den weiteren Plätzen bezahlte 6.169:10 Euro.

Als Trabrennfahrer ist Jens-Holger Schwarma den Pferdefreunden ein Begriff. Aber auch als Besitzer hat er ein gutes Händchen, denn sein fünfjähriger Hengst Matchwinner scheint immer weiter gesteigert und noch längst nicht am Ende seiner Möglichkeiten angelangt zu sein. Im Preis der Deutschen Besitzer (Ausgleich I, 2.200 m) verabschiedete sich der Sternkönig-Sohn als 33:10-Favorit unter Jockey Stephen Hellyn in beeindruckender Manier von Agosteo und Jungleboogie und feierte beim elften Start den sechsten Erfolg seiner Laufbahn. „Wir gehen bei ihm Schritt für Schritt vor. Grupperennen könnten im Herbst sein Ziel sein“, gab Trainer Axel Kleinkorres (Neuss) die weiteren Pläne vor.

Turf-Geschichte wiederholte sich im Rudolf-August Oetker-Gedächtnisrennen (52.000 Euro-Auktionsrennen, 1.600 m), denn vor genau drei Jahren hatte für den Stall Memory um den Berliner Turf-Enthusiasten Thomas John und für den Hoppegartener Trainer Uwe Stech die Stute Tahira hier gewonnen. Und nun triumphierte in denselben Farben die Dreijährige Halli Galli (35:10), die sich unter Martin Seidl von zweiter Position aus überlegen von Saxone und Bastille freimachte. „Jetzt gehen wir in ein Listenrennen und danach wieder ein Auktionsrennen“, berichtete Uwe Stech. Die 30.000 Euro Kaufpreis als Jährling bei der BBAG-Auktion in Iffezheim hat die Ex-Fährhoferin schon jetzt mehr als amortisiert.

Und auch im Ausgleich II über 2.200 Meter (Preis der Hamburger Industrie) gab es einen alles andere als unerwarteten Sieg – durch die 39:10-Favoritin Silicon Valley (I. Ferguson), die für den Stall Bergholz mit erstaunlichem Speed vor Angreifer (gehört dem Stall just4turf der Nachwuchsorganisation German Racing Next Generation), Dao Vasco und Sworn Terz locker zum Zuge kam. „Das war mehr als verdient nach ihrem großen Pech vom Dienstag, als sie regelrecht festsaß“, sagte ihr Trainer, der Hannoversche Altmeister Hans-Jürgen Gröschel.“ Die Viererwett-Quote war mit 38.891:10 Euro sehr beachtlich. Der Erlenhofer Cassilero (St. Hellyn/Trainer Karl Demme) und Bellcanto (F. Ladu) – der einzige Doppelsieger des Meetings – aus dem Stall von Sascha Smrczek – beendeten mit ihren Ausgleich II-Siegen die Derby-Woche in der Hansestadt.